Während das Bundeskartellamt wegen Verstößen gegen das Kartellrecht allein 2020 Bußgelder in Höhe von 350 Millionen Euro verhängte, waren es im Jahr davor sogar 848 Millionen Euro. In 2021 wurden rund 70 Prozent weniger Bußgelder verhängt, was laut Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt auch Folgen der Pandemie war. Die Lage bleibt weiterhin angespannt. Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass Kartelle im Durchschnitt zu einer Preiserhöhung von 15 Prozent führen.

Aber Kartelle und Monopole können nicht nur überhöhte Preise bewirken, sie führen auch zu sinkenden Innovationstätigkeiten der Unternehmen. Denn warum sollten sich Firmen ohne Wettbewerb Mühe geben?

Das Kartell

Per Definition ist ein Kartell eine Vereinbarung oder eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise zwischen mindestens zwei voneinander unabhängigen Unternehmen. Sie verfolgen das Ziel oder die Wirkung, den Wettbewerb zu beschränken, zu verfälschen oder zu verhindern.

Als Beispiele können Monopole angeführt werden (bei denen es nur einen Anbieter, Verkäufer, Kunden, etc. gibt), Oligopole (bei denen es nur wenige Anbieter, Verkäufer, etc. gibt) sowie Preisabsprachen und Boykottaufrufe.

Je nach Absprache werden dabei Produktions-, Export- und Gebietskartelle unterschieden.

Die Bedeutung des Kartellrechts liegt in:

  • Freiheitlicher Gestaltung der Marktwirtschaft,
  • Schutz der Konsumenten vor nachteiligen Absprachen und Vereinbarungen und
  • Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs.

Im Rahmen der Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs ist das Wettbewerbsrecht als ein Teil des Kartellrechts anzusehen.

Kartellrecht in Deutschland

Durch die 7. GWB-Novelle hat der deutsche Gesetzgeber das deutsche Kartellrecht, das im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt ist, weitgehend an die Regelungen des EU-Kartellrechts angeglichen.

Verbotene Maßnahmen

Um problematische Fälle und Situationen beim Umgang mit Kunden, Wettbewerbern und Lieferanten zu erkennen und verbotene Preisabstimmungen und Angebotsabsprachen zu vermeiden, ist es wichtig, sich die bestehenden kartellrechtlichen Verbote zu verinnerlichen.

Zu den Maßnahmen, die dem Kartellverbot unterliegen, gehören neben Vereinbarungen zwischen Unternehmen auch Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.

Als verbotene Hardcore-Vereinbarungen gelten dabei alle Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern, die Kunden- oder Gebiets- sowie Preis- oder Quotenabsprachen betreffen sowie Vereinbarungen mit Abnehmern, die beim Verkauf an den Endverbraucher vom Hersteller vorgeschriebene Endverkaufspreise zu fordern (sogenannte Preisbindung der Zweiten Hand).

Da das Kartellverbot nicht jede unbedeutende Bagatellbeschränkung erfassen soll, können andere den Wettbewerb beschränkende Vereinbarungen im Einzelfall wegen mangelnder Erheblichkeit von dem Kartellverbot ausgenommen sein. Aber auch bei an sich erheblichen Wettbewerbsbeschränkungen kann unter bestimmten Voraussetzungen eine gesetzliche Freistellung vom Kartellverbot erfolgen.

Beispiel für ein Kartellverbot: Die getroffene Vereinbarung zwischen den Vertriebsleitern zweier an einer Ausschreibung teilnehmenden Unternehmen, ihre Leistungen in der Ausschreibung nicht unterhalb eines bestimmten Preises anzubieten.

Beim Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gilt ein Unternehmen als marktbeherrschend, das auf seinem Markt keinen wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder das eine überragende Marktstellung hat. Dabei vermutet der deutsche Gesetzgeber, anders als das europäische Recht, dass ein Unternehmen den Markt beherrscht, wenn es einen Marktanteil von mindestens einem Drittel hat.

Ein marktbeherrschendes Unternehmen verhält sich kartellrechtswidrig, wenn es ein anderes Unternehmen diskriminiert, behindert oder seine Marktmacht missbraucht. Allerdings kann es im Einzelfall schwer sein, ein verbotenes Verhalten von einem zulässigen Verhalten zu unterscheiden. Marktbeherrschende Unternehmen sollten darauf achten, dass sie die unterschiedliche Behandlung anderer Unternehmen oder drastische Maßnahmen gegen Wettbewerber, Kunden oder Lieferanten sachlich begründen können. Dabei können Verhältnisse auf vergleichbaren Märkten berücksichtigt werden.

Als Beispiele missbräuchlichen Verhaltens gelten:

  • Preisdiskriminierungen (Verlangen höherer Preis ohne sachlichen Grund bzw. Forderung von unangemessenen Konditionen gefordert werden (Auslistung)),
  • Verweigerung von Lieferungen ohne berechtigten Grund,
  • Koppelungsverbote (Verkauf eines Produktes wird ohne sachlichen Grund an den Verkauf eines anderen Produktes oder einer Dienstleistung gekoppelt) sowie der
  • Verkauf unter Einstandspreis - wenn er nicht nur gelegentlich vorkommt - und
  • Rabattsysteme, insbesondere bei Treuerabatten und Umsatzrabattsystemen marktbeherrschender Anbieter.

Ausnahmen vom Kartellverbot

Es liegt kein Verstoß gegen das Kartellverbot vor, wenn durch die wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen die Warenerzeugung verbessert oder der technische Fortschritt gefördert wird oder die Verbraucher an dem entstehenden Gewinn angemessen beteiligt werden.

Als weitere Ausnahmen in Deutschland sind Mittelstandskartelle zulässig, wenn die in § 3 GWB geregelten Bedingungen erfüllt werden.

Wichtig zu wissen ist, dass das EU-Recht keine Ausnahmen vom Kartellverbot bei Mittelstandskartellen kennt. Wirken sich Vereinbarungen von Mittelstandskartellen über die Grenzen Deutschlands aus und ziehen sie eine deutliche Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handelns in der EU nach sich, so entfällt das Privileg wegen des Vorrangs des europäischen Rechts.

Wer muss das Kartellrecht beachten?

Festzuhalten gilt, dass jedes Unternehmen sich an das Kartellrecht halten muss und bei dessen Missachtung hart bestraft wird.

Wie groß oder klein ein Unternehmen ist, spielt im Kartellrecht keine Rolle. Jedes Unternehmen ist verpflichtet selbst zu prüfen, ob sein Verhalten mit dem Kartellrecht vereinbar ist. Tauschen Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, Informationen über ihre Preise aus, kann bereits eine illegale Preisabsprache vorliegen.

Um ein oft angeführtes Beispiel zu verwenden: Auch zwei Kioskbesitzer in einem kleinen Dorf dürfen sich nicht über die Preise ihrer Waren absprechen!

Allerdings hängt es oft vom Marktanteil der beteiligten Unternehmen ab, ob eine Absprache als ein verbotenes Kartell oder eine zulässige Kooperation einzuordnen ist.

Fazit - Risiko minimieren

Um die Risiken von Kartellverstößen zu mindern kann neben einer Unternehmenskultur sowie der Durchführung von Risikoanalysen ein Compliance-System eingeführt und umgesetzt werden. Hauptzweck von Compliance-Systemen ist es, Kartellrechtsverstöße in der Zukunft zu vermeiden. Sie tragen aber auch dazu bei, Verstöße im Unternehmen aufzudecken und über einen möglichen Kronzeugenantrag bei der Kartellbehörde zu entscheiden, um so einen Erlass oder eine erhebliche Reduzierung des Bußgelds zu erreichen. Eine frühzeitige Beendigung des Verstoßes kann auch dazu führen, dass die Höhe von Geldbußen und Schadensersatzansprüchen geringer ausfällt.

Für die Einhaltung des Kartellrechts und eine effektive Risikominimierung ist es zudem wichtig, sich mit den gesetzlichen Regelungen des GWB vertraut zu machen.