Mit der Neufassung des Landesklimaschutzgesetzes hat Rheinland-Pfalz eine kleine, aber folgenreiche Klausel eingeführt: das Überkompensationsverbot. Was auf den ersten Blick nach juristischem Fachbegriff klingt, ist politisch alles andere als nebensächlich.

Worum geht’s konkret?

Im neuen § 11 des Gesetzes heißt es sinngemäß: Wenn der Bund seine Klimaziele aufweicht oder Treibhausgasneutralität erst später anpeilt, soll auch Rheinland-Pfalz seine Ziele entsprechend absenken. Wörtlich steht dort: Die Landesregierung wird „die notwendigen Schritte zur Anpassung der Zielwerte (…) einleiten, um eine Überkompensation auf Landesebene zu vermeiden.“

Übersetzt: Rheinland-Pfalz will nicht ambitionierter sein als der Bund – selbst wenn es könnte.

Zwischen Ehrgeiz und Realität

Dies macht einen tiefen Zielkonflikt sichtbar: Wie viel Klimaschutz ist machbar – und wem kann man ihn zumuten? Einerseits stehen ambitionierte Klimaziele symbolisch für Verantwortungsbewusstsein, Weitblick und Zukunftssicherung. Andererseits führen sie zu realen Belastungen für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung durch höhere Investitionskosten, strengere Vorgaben, mehr Bürokratie. Rheinland-Pfalz will hier offenbar vermeiden, sich wirtschaftlich zu überfordern oder politisch zu isolieren, falls der Bund den Fuß vom Gas nimmt.

Wer, wenn nicht jemand?

Doch die Frage, die bleibt, ist: Wie sollen wir die Wende schaffen, wenn niemand vorangeht? Der Klimaschutz lebt auch davon, dass Einzelne (Regionen, Städte, Unternehmen) mutig voranschreiten und zeigen, dass Wandel möglich ist.

Rheinland-Pfalz hat auch in der Neufassung des Klimaschutzgesetzes mit einer neutralen Treibhausgasbilanz bis 2040 ambitionierte Ziele formuliert. Doch das neue Überkompensationsverbot wirkt wie ein Bremsmanöver – gerade dann, wenn eigentlich mehr Tempo notwendig und möglich wäre und ist.

Ein falsches Signal zur falschen Zeit?

Wenn der Bund es nicht schafft, seine eigenen Klimaziele einzuhalten dann wäre es doch umso wichtiger, dass einzelne Länder zeigen: Wir machen weiter. Wir übernehmen Verantwortung.

Stattdessen sieht das Landesgesetz vor, bei bundesweiten Rückschritten auch die eigenen Ziele nach unten zu korrigieren. Das ist ein gefährliches Signal: Rückschritte werden zur Norm gemacht – statt sie zu hinterfragen.

Klimaschutz braucht Vorbilder, keine Ausreden

Klimaschutz erfordert Mut, Ausdauer und manchmal eben auch unbequeme Entscheidungen. Natürlich darf man Belastungen nicht ignorieren – aber wer Klimaziele schnell aufweicht, sendet das falsche Signal. Rheinland-Pfalz hätte die Chance, als Vorreiter zu agieren. Mit dem Überkompensationsverbot droht es jedoch, zum Mitläufer zu werden.