Viele Arbeitgeber sind im Umgang mit Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz immer noch unsicher, obwohl diese meistens überaus motiviert und dankbar für die Möglichkeit sind, am Arbeitsleben teilzunehmen. Dieser Beitrag soll ein wenig Licht ins Dunkel der Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis von Menschen mit Behinderungen bringen.

Was müssen Sie beachten, wenn Sie Menschen mit Behinderungen als Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen beschäftigen?

Prüfung des Einsatzes/der Beschäftigung

Wenn Sie freie Arbeitsplätze in Ihrem Unternehmen neu besetzen wollen und die entsprechenden Stellen ausschreiben, müssen Sie prüfen, ob Menschen mit einer Schwerbehinderung oder ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer (nachfolgend der einfacheren Lesbarkeit wegen kurz behinderte Mitarbeiter genannt) eingesetzt werden können. Dabei müssen Sie insbesondere bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldete behinderte Mitarbeiter berücksichtigen. Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, sind von Ihnen möglicherweise Entschädigungen an abgelehnte Bewerber mit Behinderung zu zahlen.

Ab einer Beschäftigung von im Jahresdurchschnitt monatlich 20 Mitarbeitern sind Sie verpflichtet, mindestens 5 % Ihrer Arbeitsplätze mit Menschen mit einer Schwerbehinderung zu besetzen. Ob eine Schwerbehinderung vorliegt, bestimmt sich nach dem Grad der Behinderung (GdB). Ab einem GdB von 20 liegt eine Behinderung vor. Bei Menschen mit einem GdB von 50 und mehr wird von einer Schwerbehinderung gesprochen.

Die sich bei der Berechnung der 5 % ergebenden Bruchteile von 0,5 und mehr sind aufzurunden. Ausnahmen gelten lediglich, wenn Sie weniger als 40 bzw. 60 Mitarbeiter beschäftigten, dann dürfen Sie abrunden. Mit anderem Worten: Wenn bei Ihnen jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20, aber weniger als 40 Mitarbeiter tätig sind, müssen Sie einen Schwerbehinderten, bei mindestens 40, aber weniger als 60 Mitarbeitern zwei Schwerbehinderte, ab 60 Mitarbeitern drei Schwerbehinderte und ab 70 Mitarbeitern vier Schwerbehinderte beschäftigen.

Ausgleichszahlung bei Nicht-Erfüllung der Pflichtquote

Erfüllen Sie Ihre Pflichtquote nicht, haben Sie bis zum 31. März eines jeden Folgejahres eine monatliche Ausgleichszahlung für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz an das zuständige Integrationsamt zu zahlen. Dies ist auch der Stichtag, zu dem Sie – elektronisch oder postalisch – der Bundesagentur für Arbeit die Zahl der von Ihnen beschäftigten Menschen mit einer Schwerbehinderung melden müssen. Bei Nichtmeldung oder verspäteter Meldung drohen Ihnen Bußgelder bis zu 10.000,00 Euro.

Arbeitsplatzgestaltung

Arbeitsplätze für behinderte Mitarbeiter müssen behindertengerecht, d. h. so gestaltet sein, dass sie mit den erforderlichen technischen Arbeitsmitteln – soweit finanziell zumutbar – ausgestattet sind, damit die Mitarbeiter in der Lage sind, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll einzusetzen und zu entwickeln. Dafür können Sie verschiedene staatliche Förderungen bei der Bundesagentur für Arbeit, beim Integrationsamt oder den Integrationsfachdiensten beantragen. Die Bundesagentur für Arbeit bietet unter anderem einen Eingliederungszuschuss zur Unterstützung der beruflichen Eingliederung schwer vermittelbarer Personen an, zu denen auch Menschen mit einer Behinderung oder Schwerbehinderung zählen. Die Förderhöhe kann bis zu 70 % des Arbeitsentgelts und die Förderdauer bis zu 24 Monate betragen. Außerdem können Sie bei Ihrem zuständigen Integrationsamt Zuschüsse und Darlehen für Investitionen zur Einrichtung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze und Zuschüsse zu Ausbildungsgebühren beantragen.

Beschäftigen Sie Menschen mit einer Schwerbehinderung, ist die Interessensvertretung durch einen betrieblichen Inklusionsbeauftragten und eine Schwerbehindertenvertretung sicherzustellen. Diese sollen Sie als Arbeitgeber dabei unterstützen, die schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Mitarbeiter beruflich einzugliedern.

Welche Sonderrechte haben schwerbehinderte Mitarbeiter?

In einem Vorstellungsgespräch müssen Stellenbewerber Ihnen keine (wahrheitsgemäße) Auskunft über ihre Behinderung geben – und Sie dürfen sie nicht nach einer Schwerbehinderung fragen, denn das wäre eine behinderungsbedingte Diskriminierung. Erst nach Ablauf einer Wartezeit von sechs Monaten nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ist die Frage nach einer Schwerbehinderung erlaubt. Dann ist sie allerdings auch erforderlich, um Mitarbeitern mit einer Schwerbehinderung zum Beispiel den ihnen zusätzlich zu den im Tarifvertrag oder gesetzlich geregelten Urlaubstagen zustehenden Zusatzurlaub von weiteren fünf Urlaubstagen pro Urlaubsjahr einräumen zu können.
Der Anspruch auf Zusatzurlaub entsteht ab dem Zeitpunkt, ab dem das zuständige Versorgungsamt bzw. eine andere nach Landesrecht zuständige Behörde die Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt hat. Der Zusatzurlaub kann tarif- oder arbeitsvertraglich verlängert, aber nicht verkürzt werden.

Bei Berufsbildungsmaßnahmen sind Menschen mit einer Schwerbehinderung besonders zu berücksichtigen und zu fördern (Betreuung durch andere Mitarbeiter, gezielte Förderung, geeignetes Arbeits- bzw. Lernmaterial). Nimmt die Leistung eines schwerbehinderten Mitarbeiters ab, muss ihm ein sogenannter Schonarbeitsplatz, also ein speziell auf seine ggf. nur noch vorhandenen Fähigkeiten angepasster Arbeitsplatz angeboten werden.

Äußert ein Mitarbeiter mit einer Schwerbehinderung den Wunsch, von Mehrarbeit befreit zu werden, müssen Sie seinem Wunsch nachkommen. Unter Mehrarbeit wird die Arbeitszeit verstanden, die über die allgemeine gesetzliche Tagesarbeitszeit von acht Stunden hinausgeht.

Einem Antrag auf Arbeitszeitverkürzung müssen Sie ebenfalls stattgeben. Dabei sind keinerlei Fristen einzuhalten. Wenn der schwerbehinderte Mitarbeiter beispielsweise durch ein ärztliches Attest den Nachweis erbringt, dass die Art oder Schwere der Behinderung eine Arbeitszeitverkürzung erforderlich macht, bedarf es keines Einverständnisses von Ihnen. Eine Arbeitszeitverkürzung kann auch nur vorübergehender Natur sein, bis sich der gesundheitliche Zustand des Mitarbeiters wieder gebessert hat.

Wenn Sie einem Mitarbeiter mit einer Schwerbehinderung kündigen wollen (fristgerecht oder außerordentlich), benötigen Sie eine schriftliche Zustimmung vom Integrationsamt – anderenfalls ist die Kündigung unwirksam. Zudem ist für eine wirksame Kündigung die Schwerbehindertenvertretung einzubeziehen. Dabei ist es stets Ziel, das Arbeitsverhältnis mit dem Mitarbeiter möglichst aufrechtzuerhalten, denn die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, insbesondere von schwerbehinderten Mitarbeitern sollte kein Muss, sondern auch für Sie als Unternehmer eine Chance und humanitäre Selbstverständlichkeit sein.

Inklusionspreis

Auch interessant: Jedes Unternehmen, das sich für mehr Inklusion von Menschen mit Behinderungen engagiert, kann für den Inklusionspreis für Wirtschaft 2020 vorgeschlagen werden – oder ist eingeladen, sich selbst zu bewerben. Nicht berücksichtigt werden können Bewerbungen von Vereinen oder Werkstätten.

Die Vorschläge und Bewerbungen können noch bis zum 31. Oktober 2019 eingereicht werden.

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