Letzten Monat erhielten wir eine interessante Interview-Anfrage einer Masterandin eines unserer Kunden zum Thema rechtliche Rahmenbedingungen im Nachhaltigkeitsbereich der Automobilzuliefererindustrie. Ein spannendes Thema, das stetig an Bedeutung gewinnt. Lesen Sie nachfolgend das kleine Interview mit den Antworten unserer Geschäftsführerin Martina Glas.

Welche relevanten Nachhaltigkeitsgesetze/Verordnungen müssen Unternehmen der Automobilzuliefererindustrie erfüllen?

Zunächst möchten wir ansprechen, dass es bisher keine einheitliche Definition von „Nachhaltigkeit“ gibt. Dementsprechend ist es durchaus Auslegungssache, was mit „Nachhaltigkeit“ gemeint ist.

Je nachdem wie wir Nachhaltigkeit definieren, sind Inhalte dazu in verschiedenen Sachgebieten enthalten (u.a. im Umwelt-, Energie- sowie Arbeits- und Sozialrecht, aber z.B. auch im Wirtschafts- u. Strafrecht).

Bei eco COMPLIANCE erfassen wir Inhalte zur Nachhaltigkeit insbesondere im Rahmen des Begriffs „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ und somit – interessanterweise – größtenteils im Sachgebiet „Wirtschafts- und Strafrecht“.

Bisher sind Anforderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung insbesondere in der Nonfinancial Reporting Directive (NFRD, Richtlinie 2014/95/EU) – welche die Bilanz-Richtlinie (Richtlinie 2013/34/EU) dahingehend geändert hat –, der Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852) und in Deutschland im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt.

Unter der Bilanz-Richtlinie führen wir auch einen aktuellen EU-Entwurf zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), welche eine starke Ausweitung des Anwendungsbereichs bedeuten wird.

Die Taxonomie-Verordnung enthält die Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können.

Wie angesprochen, kann man unter dem Begriff „Nachhaltigkeit“ aber beispielsweise auch das nationale Klimaschutzgesetz aufführen, welches Ende 2019 erlassen wurde und inzwischen auch bereits angepasst und deutlich verschärft wurde. Zweck des Gesetzes ist es, zum Schutz vor den Auswirkungen des weltweiten Klimawandels die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten.

Ebenfalls nennenswert ist das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Dieses besagt, dass sich Unternehmen bemühen müssen, Menschenrechtsverletzungen innerhalb ihres eigenen Geschäftsbereichs und in ihrer Lieferkette zu vermeiden.

An dieser Stelle der Hinweis, dass wir uns hier auf konkrete Vorgaben des Gesetzgebers konzentrieren. Selbstverständlich gibt es daneben auch zahlreiche Standards und Normen zur Nachhaltigkeit bzw. Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Welche Nachhaltigkeitsgesetze/Verordnungen werden in Zukunft erfüllt werden müssen?

Wie vorhin bereits kurz dargestellt, wird es zu einer Verschärfung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung kommen. Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD, aktuell noch im Entwurf) werden zukünftig mehr Unternehmen verpflichtet sein, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Darüber hinaus wird es auch erweiterte Anforderungen an den Bericht geben. Und um eine leichtere Vergleichbarkeit zu erreichen, soll zudem die Veröffentlichung im Lagebericht in einem vorgeschriebenen Format erfolgen. Auch sieht der Richtlinien-Vorschlag eine Pflicht zur externen Prüfung der Nachhaltigkeitsinformationen vor.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Spannend ist in diesem Zusammenhang, dass es auf EU-Ebene dazu ebenfalls einen Richtlinien-Entwurf gibt (Corporate Sustainability Due Diligence). Der Entwurf der Europäischen Kommission durchläuft aktuell den legislativen Prozess der EU. Nach Verabschiedung einer finalen Richtlinienfassung müssen die Mitgliedstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Konkret bedeutet das für Deutschland dann eine Änderung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes.

Sehen Sie Trends in eine bestimmte Richtung?

Nachhaltigkeit ist in den letzten Jahren zu einer Art Trendthema geworden. Auch bei den Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen ist ein klarer Wandel zu erkennen. Die Konsument:innen legen immer mehr Wert darauf. Transparenz, Vertrauen und Gerechtigkeit sind so wichtig wie noch nie. Unternehmen sind gefordert, verantwortungsvoll mit den Ressourcen umzugehen und nachhaltig zu handeln. So können sie einen erheblichen Einfluss auf die Verbesserung der Umwelt nehmen und helfen der Allgemeinheit.

Verstärkt wird das Bewusstsein dafür sicherlich auch durch die aktuelle Lage. Auslöser für einen Wandel/eine Veränderung sind oftmals Krisen oder das Erkennen eines konkreten Sinns. Im Bereich Nachhaltigkeit, würde ich sagen, trifft beides zu. Dass Nachhaltigkeit Sinn macht – darüber müssen wir mittlerweile nicht mehr diskutieren. Und Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Russland/Ukraine-Konflikt treiben das Thema zusätzlich voran.

An dieser Stelle hat die Medaille allerdings auch zwei Seiten. Zum einen steigt das Bewusstsein für Nachhaltigkeit, auf der anderen Seite kann eine Krise samt ihrer Folgen (Energieknappheit, Inflation etc.) allerdings auch „nicht nachhaltiges Handeln“ fördern, weil man sich in einer Art Zwangslage befindet. Auch der Gesetzgeber wird diesbezüglich aktuell auf die Probe gestellt.

Was man aber bemerkt: Nachhaltigkeit soll transparenter werden. Greenwashing soll vermieden werden. Der Nachhaltigkeitsbericht ist nicht mehr nur ein „Hochglanzmagazin“ der Marketing-Abteilung, sondern ein relevantes Tool und dient sowohl internen als auch externen Zwecken.

Wichtig dabei ist, dass Nachhaltigkeit allerdings auch gelebt wird und authentisch ist. Seitens der Geschäftsführung sollte über das hinaus, was der Gesetzgeber fordert, eine „eigene Selbstverpflichtung“ auferlegt werden und das Thema auch wirklich in der Unternehmenskultur verankert werden. Nachhaltigkeit ist Führungsthema und muss auch vorgelebt werden.

Ist ein zertifiziertes Nachhaltigkeitsmanagementsystem in der Zukunft sinnvoll/notwendig?

Der Jurist würde sagen „es kommt darauf an“ und dem würde ich mich an dieser Stelle gerne anschließen. Grundsätzlich natürlich ja, weil das nachweisliche Einhalten von Nachhaltigkeitsanforderungen ganz klar viele Vorteile bringt, wenn man an Stakeholder, Kunden, Mitarbeiter, Auftraggeber etc. denkt.

Eine Zertifizierung der reinen Zertifizierung wegen halte ich allerdings für nicht nachhaltig. Wichtiger finde ich, dass Nachhaltigkeit auch wirklich gelebt wird (bitte kein Greenwashing!). Dazu sollte jeder einzelne sein eigenes Handeln hinterfragen, im Bezug darauf wie nachhaltig man agiert. Denn nur gemeinsam können wir einen Beitrag für zukünftige Generationen leisten.

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